Montag, 7. Oktober 2013

du er søt


Ein Wochenende in Oslo - warum nicht?

Das dachte ich mir und schon war ich mit zwei amerikanischen Freunden aus Spanien unterwegs in den kalten Norden. Ryanair machts möglich.
Im Hostel kam ich endlich wieder in den Genuss von Vollkornbrot, das ich in Madrid furchtbar vermisse. Ein skandinavisches Frühstücksbuffet ist keineswegs zu verachten, schon gar nicht wenn es im Preis inbegriffen ist.


Auch die Norweger sind nicht frei von Lastern, zumindest was den Alkohol betrifft. Die Raucherei ist hingegen nicht weit verbreitet, was höchstwahrscheinlich an den astronomischen Preisen liegt - umgerechnet 9 Euro für eine Schachtel Zigaretten.
Eigentlich ist hier alles teuer.


Mit dem Schiff fuhren wir übers Meer zu einigen Museen.
Ich weiß jetzt, wie echte alte Wikingerschiffe aussehen und dass reiche alte Wikingerinnen auch mal mit 15 Pferden bestattet werden.
Es gibt Stoffe aus der Wikingerzeit, die seit 1200 Jahren erhalten sind und das gleiche Karomuster haben wie mein Flanellhemd. Ich glaube allerdings kaum, dass irgendjemand in 1200 Jahren mein Flanellhemd ausgräbt. Nun, ich will auch nicht unbedingt zusammen mit 15 Pferden begraben werden.






Wunderschöner Herbst.
Im "Folkenmuseet" waren wir ebenfalls. Das ist ein "open air" Museum, du läufst zwischen alten, kleinen norwegischen Häuschen durch einen großen Park. Es gibt auch ein paar fast vermoderte Holzstelzen, die wir natürlich ausprobieren mussten. Mein Rekord waren zwei Schrittchen - Tippelchen - nach vorne und einer zurück, bevor ich mich schwankend wieder dem Boden der Tatsachen näherte. Früher, im Kindergarten, war das irgendwie leichter.




Am Sonntag waren wir im Frogner Park, riesengroß, voll mit Steinskulpturen, die nackte Menschen in den verschiedensten Verrenkungen und Kombinationen und Körperzuständen darstellen.


Die Skulpturen haben keine Inschriften oder Erklärungen. Sie sind nackt, wortwörtlich in mehr als nur einem Sinne, und du kannst deiner Fantasie freien Lauf lassen.




Menschen in Bäumen. Wurzeln und Äste und Arme und Beine, verzerrte Gesichter.
In Stein gemeißelt, das hieß für mich immer starr, emotionslos. Aber nachdem ich die vielen Steingesichter gesehen habe, die so lebendig, gefühlvoll in jeder Art, wirken, dass ich fast erwarte, dass eines der Kinder aus den Ästen fällt und anfängt durch den Park zu spazieren - vielleicht laut schreiend, so wie es die kleinen Kinder in Flugzeugen gerne tun -, ist in Stein Gemeißeltes für mich nicht länger emotionslos, sondern viel mehr vakumierte, haltbargemachte Emotion.

Ich habe hier in zwei Tagen so viele Menschen in Jogginghosen und Trainingsanzügen gesehen wie ich sie in Madrid vielleicht in einem ganzen Jahr sehen werde.
Das Überraschende: Die Jogginghosenmenschen sahen trotzdem gut gekleidet aus - mal abgesehen von den Ausnahmen, die es in jeder Stadt gibt (ältere Frauen in labberiger Kleidung mit durchsichtiger Flüssigkeit in Colaflaschen und leicht aggressivem Auftreten vor der Metro).

Ich bin positiv überrascht! Auch von dem typisch norwegischen Essen. Frühstück natürlich eins a, und auch das Abendessen - ich hatte irgendein Fleisch mit viel Gemüse, Soße und Marmelade dazu, meine Freundin Walsteak mit viel Gemüse, Soße und Marmelade. Ich kann jetzt von mir behaupten, ein kleines Stück Wal gegessen zu haben und es war gar nicht schlimm. Nur teuer.
Noch ein Manko: Drinking age 23.

"Du er søt" heißt übrigens "du bist süß". Das haben mir zwei junge Norweger auf dem Rückflug beigebracht. Die verbringen die Woche in Madrid, machen einen Austausch von ihrer Spanischklasse aus.
Dass Norweger spanisch lernen und umgekehrt hätte ich nicht gedacht, aber - warum nicht?

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